“Musik ist wie ein alter Freund, der keine Fragen stellt.”
Nelly Furtado
Was ein “alter Freund” ist, kann man getrost als relativ bezeichnen. Nelly Furtado, die portugiesisch-kandadische Sängerin und Multiinstrumentalistin, ist 1978 geboren! Ein anderer pflegte diese Freundschaft schon länger: Compay Segundo war 90, als er mit dem “Buena Vista Social Club” weltberühmt wurde und die Bühnen der Welt bereiste. Der kubanische Sänger und Gitarrist starb 2003 im Alter von 95 Jahren in Havanna – nachdem er gerade noch ein Konzert zu Ende gespielt hatte.
Einig wären sich die beiden sicher darin geworden: Wer die Musik liebt, den liebt sie zurück. Und dass es sich bei dieser Liebe um etwas sehr Vertrautes, Schönes handelt, das zu allem Überfluss auch noch jung erhält, hat mindestens einer von ihnen schon bewiesen.
Der “alte Freund” und die “alte Freundin” Musik haben aber noch mehr gute Gründe auf ihrer Seite:
- Musik ist eine Art Zuhause. Sie verbindet mit Erinnerungen an Kindheit und Jugend und bietet sich als Identifikationsmöglichkeit an.
- Musik ist anregend. Sie kann müde Menschen munter und aufgekratzte Menschen ruhig und beschaulich machen.
- Musik ist ein Gegenüber. Sie kann Gefühle zum Ausdruck bringen, für die uns die Worte fehlen. Sie lässt Bilder entstehen und regt Gedanken an.
- Musik ist gesund. Und zwar in fast jeder Hinsicht – vor allem, wenn man sie selber macht!
Was spricht also dagegen, bis ins hohe Alter Musik zu machen?
Mancher denkt vielleicht: “Ach, die Macht der Gewohnheit. Ich habe schon so viele Jahre kein Instrument mehr angerührt. Was soll ich da noch dran ändern!”
Klaus war als Jugendlicher ein richtig guter Klavierspieler. Trotzdem hat er jahrzehntelang kaum einen Ton gespielt. Und wenn doch, machte es ihm keinen Spaß: “Immer die alten Noten, keine Abwechslung, keine Freiheit!” Dann wurde er pensioniert und hatte eine Idee: nochmal richtig Jazzpiano lernen! Heute ist er 81 und geht fast täglich ans Klavier. Wenn er über ein Stück von Gershwin improvisiert, kann es passieren, dass er glücklich ist – einfach so.
Heide ist mit 78 in ihrem Chor die Älteste, aber das kümmert niemanden. Singen war schon immer “ihr Ding”, nur kam sie als dreifache Mutter viel zu selten dazu. Heute ist das anders. Kürzlich erst hat sie sich einen mehrstündigen Gesangsworkshop gegönnt, und hin und wieder gibt es einen Auftritt mit dem Chor. Da ist sie mit netten Menschen zusammen und genießt das Gefühl, ein Teil der Musik zu sein. Singen gehen ist jedesmal ein kleiner Urlaub für sie.
Man sieht: es geht! Compay Segundo hätte das wohl gefallen. Und Nelly Furtado, wird sie ihren “alten Freund” in 40 Jahren nicht noch viel mehr zu schätzen wissen?
Lernmusiktherapie
Lernmusiktherapie bietet eine besondere Chance, die eigene Freude an der Musik (wieder-) zu entdecken. Denn:
- Lernmusiktherapie kann in jedem Alter neu begonnen werden.
- In der Lernmusiktherapie ist aller Anfang einfach.
- Man muss dazu nichts bestimmtes “können”, auch kein Instrument.
- Frühere musikalische Erfahrungen werden reaktiviert.
- Es gibt passende Instrumente für jede Neigung und Vorerfahrung.
- Lernmusiktherapie kann alleine und in der Gruppe stattfinden und bei Bedarf auch Zuhause.
In der lernmusiktherapeutischen Zusammenarbeit mit “älteren” Menschen (ganz gleich, wo man die Altersgrenze ansetzt) kann es natürlich auch um das Thema Lernen gehen. Manche sind sich allzu deutlich bewusst, dass ihr Gedächtnis altersbedingt nachlässt. Andere leiden unter den Folgen eines Schlaganfalls oder einer anderen Erkrankung, die geistige Fähigkeiten beeinträchtigt. Musik kann auch hier ein Schlüssel sein, indem sie die Verbindung zwischen geistigen und emotionalen Inhalten stärkt, die mit dem Alter immer wichtiger für das Merk- und Erinnerungsvermögen werden.
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